Wenn man als Künstler oder Selbstständiger sein Büro zu Hause hat, fällt einem früher oder später die Decke auf den Kopf. Früher hätte ich nie geglaubt, dass mich dieser Zustand so treffen würde, da ich als extrovertierter Introvert gern Zeit allein verbringe. Die Arbeit in einem Büro mit anderen Persönlichkeiten kann sehr ablenkend oder anstrengend sein. Jetzt liegen viele graue Monate hinter uns und in meinem kleinem halb-Raum-Büro scheinen die Wände noch näher gerückt zu sein. Die grellroten und blauen Wände der Vormieter prangern über mir „DU WOLLTEST UNS STREICHEN!“, all meine Stoffe und Materialien drohen chaotisch aus den Schränken und über das umfunktionierte Hochbett-Lager zu quillen. An den Schreibtisch gedrängt starre ich reglos auf das weiße digitale Blatt.
Ihr kennt das sicher.
Ob Künstler, Selbstständig, oder im Büro – das Alltagsmonster. Alltagstrott. Die Welt fühlt grau. Artblock. Was nun?
Wie es immer so ist, hat es eine ganze Weile gedauert, bis mir auffiel dass der aktuelle Zustand über das normale Schlecht-Wetter-Gegrummel hinaus geht. Ich habe mich lang zu sehr unter Druck gesetzt. Du musst neue Bilder hochladen, regelmäßig! Mit Leuten interagieren, Follower aufbauen – wenn deine zukünftigen Projekte Erfolg haben sollen! Was kommt gut an? Du musst dein Portfolio endlich erneuern und umher schicken! Mach deine laufenden Projekte fertig! Mal für dich privat! Raus aus der Comfort Zone! Was ist überhaupt meine Comfort Zone? Ich hab gar keine Comfort Zone!? Was fällt mir überhaupt ein, mich schlecht zu fühlen, wenn ich doch diesen unfassbaren Luxus besitze in meinem HOBBY zu arbeiten?!?
Zeichnen macht keinen Spaß mehr. Es ist mein Beruf und ich bekomme keinen Strich mehr gezogen.
Durchatmen. Ich habe die Stifte beiseite gelegt und überlegt was ich tun kann. Was mir wichtig ist. Was ich mit meinem Leben eigentlich anstellen will.
Nach dem ich mich vom Schreibtisch weg bewegt habe und zunächst aufs Sofa gezogen bin und später anfing mich in Cafès zu setzen um meine Gedanken zu ordnen, Todo- und Bucket Listen zu schreiben, die Arbeit immer dabei, kam ich zum Entschluss mir einen Branchen fremden Nebenjob zu suchen. Irgendetwas ganz anderes machen, dachte ich, um den Druck rauszunehmen. Im Gegensatz zu dem Schreck den ich in ein paar Freunden auslöste, hat dieses Vorhaben den Knoten gelöst und mich entspannt.
Ich bin aktiv geworden, habe neue Bewerbungsfotos gemacht ( sieht man auf denen eigentlich IMMER aus wie ein Alien? ) Und mich nach Möglichkeiten umgesehen. Vielleicht in einem Lager arbeiten, gleich die müden, faulen Zeichner-Knochen etwas bewegen. Oder im Kundenservice Menschen weiter helfen? Oh, ganz anders denken – nochmal Studieren?
Beflügelt neue Wege einzuschlagen, hat sich über die Zeit hinweg meine Blockade gelockert, ohne dass ich es mitbekommen habe. Die Leipziger Buchmesse nahte heran und so habe ich mich ein paar Tage komplett in Vorbereitungen gestürzt. Nähen, mit neuen Materialien experimentieren und mit den Händen arbeiten. Zufrieden finde ich plötzlich meine Comfort Zone wieder. Auch wenn sie erstmal nicht beim Zeichnen liegt.
Pausen und Energie tanken ist überlebenswichtig und wir verlernen es so schnell.
Man fühlt sich schlecht, wenn man nicht ununterbrochen arbeitet, aktiv ist, nicht in jeder freien Sekunde zeichnet und Studien macht. Denn nur das bringt einen doch voran, nicht war? Wir sind alle verschieden. Haben unterschiedliche Prioritäten. Wenn du der Allerbeste in deinem Feld werden möchtest, musst du dafür auch Zeit und Energie aufbringen – idealer Weise spornt dich dieser Traum an und gibt dir auch die Energie dazu!
Manchmal geht einem die Energie aus und dann sollte man innehalten. Und sich dafür nicht schlecht fühlen! Man denkt immer man hat keine Zeit dafür, als würde die Welt stehn bleiben, die gesamte Menschheit sich zu dir umdrehen und dich anschreien: MACH GEFÄLLIGST WEITER!
Hallo? Was interessieren wir das Universum? Wir sind ein Blättchen im Wind. Wir dürfen auch mal in die andere Richtung, oder jemandem ins Gesicht fliegen und es kann uns egal sein.
Ich habe meine Bucket List geschrieben und lerne gerade mir meine Wünsche einzugestehen.
Der Gedanke im Sterbebett zu legen und mich über Dinge zu ärgern, die ich nicht gemacht, die ich nicht gelernt habe, macht mich richtig fuchsig. Neues lernen ist mir mit am wichtigsten für mein Leben.
Also schlage ich jetzt neue Wege ein und das beflügelt mich regelrecht.
Neue Ideen, neue Energie und ich bekomme Freude beim Gedanken an meinen Aufträgen und Projekten zu zeichnen!
Die nächsten Einträge werde ich nutzen, um über meinen Schatten zu springen und euch von meinen Träumen zu erzählen und die ersten Schritte auf mir unbekannten Wegen mit euch teilen?
Warum ich da so ein Ding draus mache?
Wenn man etwas ausspricht wird es wahr.
Solang die kleinen Bubbles nur in meinem Kopf existieren, kann ich sie weg wedeln und so tun, als wären sie mir nicht wichtig. Sobald ich sie in die Realität hole, setze ich etwas in Bewegung und öffne die Möglichkeit offiziell dran zu scheitern.
Ich stelle mich dieser Angst, denn es ist besser als grau.